Oft werde ich von meinen Kunden und Teilnehmern gefragt.“ Wie kann ich Achtsamkeit und die Selbstwahrnehmung im Alltag unterbringen?“

Sich selbst wahrzunehmen (selbst bewusst sein) ist eine große Herausforderung für uns alle. Entweder klingelt das Telefon oder ein Signal erinnert uns an einen Termin oder auch daran, ein Medikament einzunehmen. Wenn wir im Supermarkt einkaufen, werden wir von Musik begleitet und im Auto weist uns das kluge System darauf hin, rechtzeitig Pausen einzulegen oder mehr Abstand zum Vordermann einzuhalten. Bei den vielen Geräuschen und Tönen ist es ganz schwer, nicht die ganze Zeit im „Außen“, sondern im „Innen“ bei sich zu sein.

Manche Tage sind so angefüllt, dass wir erst abends im Bett zur Ruhe kommen und uns überhaupt wahrnehmen können. Wie habe ich mich heute gefühlt? Hatte ich viel/wenig Energie? Hatte ich eine positive/negative Einstellung zu den Projekten oder Menschen? Habe ich zwischendurch mich einmal zurücklehnen können, um zu entspannen? Diese kurzen Pausen sind für mich enorm wichtig, um mich wieder norden zu können. Eine kurze Auszeit, kurz zurücktreten und mein Handeln und auch mein Denken zu beobachten. Verhalte ich mich so, dass es mir guttut? Gehe ich zu viele Kompromisse ein? Behandle ich andere wertschätzend und auch mich selbst?

Achtsamkeit heißt auch, sich selbst beim Denken zuzusehen – kurz innehalten und bevor ich reagiere, erst zu überlegen, ob das die richtige Antwort für mich ist. Das kurze Innehalten zeigt mir die Optionen. Ein Beispiel: Im Straßenverkehr nimmt mir ein anderer Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt und gefährdet mich dadurch. Ich habe nun zwei Möglichkeiten: Ich kann reagieren, wie ich es möglicherweise immer in solchen Situationen mache, vielleicht ist das ein aufbrausendes oder belehrendes Verhalten. Oder ich halte kurz inne und prüfe die Möglichkeiten: Den anderen anschreien/belehren, die Situation entschärfen durch Ausweichen auf die andere Fahrspur oder die Wut ´runterschlucken und dem anderen Platz machen. Was ist dieser Situation JETZT das Richtige für mich? Kurz innerlich ein paar Schritte zurücktreten und spüren: Möchte ich den anderen anschreien, weil ich mich vorher schon über ein anderes Ereignis aufgeregt habe? Brauche ich einen Blitzableiter? Wie wichtig ist diese Begebenheit für mich? Wenn ich mir diese Fragen stellen kann, bevor ich reagiere, gewinne ich eine unglaubliche Freiheit: Das Privileg der Eigenverantwortung. Dann kann ich selbst bestimmen, und reagiere nicht einfach auf das Verhalten anderer.

Sagt sich viel leichter, als es ist, lässt sich aber jeden Tag im Alltag üben. Und dort verhält es sich genau so wie mit dem Trainieren unserer Muskeln: Je mehr ich übe, desto so besser werde ich. Diese Übung lehrt, was wir für Reaktionsmuster haben, die wir unbewusst abrufen. Durch das regelmäßige Training können wir uns so besser kennenlernen und uns leichter von wenig hilfreichen Verhaltensweisen trennen. Dieser Weg der Selbstbeobachtung der eigenen Denkmuster führt uns zur Selbsterkenntnis. Wir erlangen die Freiheit der Wahl.

Drei Tipps, um die Selbstwahrnehmung zu trainieren und ein besseres Selbstbewusstsein zu erlangen:

  • Ein nützliches Werkzeug bei diesem Training kann das Führen eines Tagebuchs sein. Kurz notieren, wie man sich in bestimmten Situationen gefühlt und verhalten hat.
  • Auch das Gespräch mit guten Freunden und Vertrauten kann helfen, das eigene Verhalten zu spiegeln und zu reflektieren.
  • Eine andere Möglichkeit ist es, sich in die Position der anderen Person hineinzuversetzen. Verlassen wir unseren Standpunkt und betrachten wir die Sache aus der Perspektive des Kunden oder Streitpartners, stellen wir häufig fest, dass es nicht immer ein richtig oder falsch gibt.